Mundart

Die Mundart der Orte in unserer Gemeinde Esselbach

Hart an der Appel-Apfel-Sprachgrenze, wurde sie von vielen Einflüssen geprägt

In Schollbrunn, ganz in unserer Nähe, gibt es den „Äppelwoiweg“. Dieser beschäftigt sich auch mit der sogenannten „Appel-Apfel-Linie“ oder wissenschaftlich ausgedrückt der Lautverschiebungsgrenze des geminierten westgermanischen „p“. Die Linie dient zur Scheidung des oberdeutschen Ostfränkischen, beispielsweise im Raum Marktheidenfeld, vom mitteldeutschen Rheinfränkischen, beispielsweise im Raum Aschaffenburg. Sie ist mit Abstand die markanteste Dialektgrenze in unserer Region.

Warum wird sie auch „Äppelwoigrenze“ genannt?

Weil sie nicht nur eine Sprachgrenze, sondern auch eine „Getränkegrenze“ ist. Im Westen davon, beispielsweise im Aschaffenburger Spessart dominierte früher der „Äppelwoi“ als Hausgetränk. Der wurde bei uns zwar ebenfalls gerne konsumiert, doch hieß er hier „Moust“ oder „Öpflmoust“. Im rheinfränkischen Westen versteht man unter Most dagegen nur den Süßmost, der noch nicht vergoren ist.

Warum gibt es diese wichtige Sprachgrenze gerade mitten im Spessart?

Ganz einfach, weil dieses Waldgebirge, das spät und dann nur dünn besiedelt wurde, eine natürliche Grenze war, die sich als hemmende Schranke für sprachliche Veränderungen auswirkte. Die vom deutschsprachigen Südostraum kommende Lautverschiebung lief sich deshalb an dieser Barriere fest und wurde nicht nach Westen weitergegeben. Um beim beliebten Beispiel zu bleiben: Während der Marktheidenfelder Raum und damit auch die Orte der Gemeinde Esselbach damals seine Aussprache auf „Apfel“ änderte, hielten unsere Nachbarn im Hochspessart und weiter westlich an der antiquierten Form „Appel“ fest.

Warum ist die Sprachbarriere in unserer Region besonders massiv?

Weil sich nicht nur das Waldgebirge Spessart trennend auswirkte, sondern auch die unterschiedliche territoriale Zugehörigkeit in den vergangenen Jahrhunderten. Während auf der westlichen Seite alle Orte zum Kurfürstentum Mainz gehörten, waren es auf unsere Seite nur wenige Orte wie Bischbrunn oder Röttbach. Esselbach und damit auch Oberndorf waren lediglich von Mainz beeinflusst, kamen dann aber dem Hochstift Würzburg, dem Staat der Würzburger Fürstbischöfe. Dazu zählten auch die Dörfer Rothenfels, Bergrothenfels, Hafenlohr, Windheim und Marienbrunn. Steinmark, Kredenbach, Glasofen, Altfeld, Michelrieth und Oberwittbach gehörten ebenso wie Kreuzwertheim, Hasloch und Hasselberg zur Grafschaft Wertheim. Schollbrunn als Sonderfall gehörte teils zur Kartause Grünau und teils nach Wertheim.

Grob ausgedrückt war Mainz der Herrscher auf der anderen Seite des Waldes, Würzburg und Wertheim regierten den Marktheidenfelder Spessart.

Beides, landschaftliche Verhältnisse und politische Teilung waren für die unterschiedlichen Mundarten in den Dörfern des Marktheidenfelder Raums prägend. So wird niemand bestreiten, dass sich die Nähe des heute badischen Wertheims auf den Dialekt der Kreuzwertheimer auswirkte. Die Mainorte von Rothenfels herab, inklusive Marktheidenfeld selbst, standen sprachlich fast direkt unter Würzburger Einfluss.

Auch konfessionelle Gemeinsamkeiten wirkten sich aus

Eine in der Munart einander sehr ähnliche Gruppe bilden die protestantischen Grafschaftsorte des Kirchspiels Michelrieth, zu denen Steinmark und Kredenbach gehören. Hier wirkten sich insbesondere die konfessionellen Gemeinsamkeiten wie die gemeinsame Pfarrei und die gemeinsame Kirche in Michelrieth mit Kirchhof sprachprägend aus. Dennoch gehen die Grafschaftsorte auch eine gewisse Symbiose mit den von Würzburg und Mainz gemeinsam geprägten Dörfern Bischbrunn, Esselbach und Oberndorf ein. Steinmark und Kredenbach werden mit den anderen drei als die Grunddörfer bezeichnet. Die räumliche Nähe dieser fünf Straßenflurdörfer zueinander – teilweise sind sie ja direkt Haus an Haus zusammengebaut, ist dabei ausschlaggebender als konfessionelle und territoriale Trennung. Man „versteht“ sich in den Grunddörfern, zumindest sprachlich.

Einige interessante Begriffe unserer Mundart:

Korb“

Im Marktheidenfelder Raum wird der „Korb“ auch in der Mundart so bezeichnet. Im Hochspessart heißt er dagegen „Monne“. In Bischbrunn, das ein Mainzer Dorf war und auch in dessen direkten Nachbarort Oberndorf, gab es und gibt es zumindest bei alten Leuten noch beide Bezeichnungen, wobei „Monne“ stark auf dem Rückzug ist oder bereits ganz verschwunden. Dabei war in den beiden Dörfern früher der Korb der einhenkelige, kleinere Korb, während die „Monne“ die zweihenkelige und größere Variante war. Übrigens gab es entlang der Sprachgrenze im Spessart auch unterschiedliche Weisen, den Korb bzw. die „Monne“ zu tragen. Im Mainzer Spessart trug man ihn auf dem Kopf, während bei uns eine „Kötze“ üblich war, die auf den Rücken geschnallt wurde, also quasi eine dritte Korbform.

Ousse/wasse/Assel“

Das „ch“ ist in der deutschen Sprache, auch in der Umgangssprache zu einem „k“ geworden, wenn ihm ein „s“ nachfolgt. Ein Beispiel dafür ist die Zahl „sechs“, die als „seks“ ausgesprochen wird.

Besonders in unseren auch sprachlich konservativeren Grunddörfern haben sich jedoch einige Sonderformen erhalten. So spricht man hier von „Ousse“ statt „Ochsen“, von „wasse“ statt „wachsen“ und in speziell in Esselbach von „Assel“ statt „Achsel“ oder „Schulter“.

dan/don“

Das Verb „tun“ findet sich in Bischbrunn, Oberndorf und Esselbach als „dan“, in der Grafschaft, also auch in Steinmark und Kredenbach, dagegen als „don“.

Züggerli“

Bonbon“ ist eigentlich französisch und steht für doppelt, gut, aber auch in Deutschland weiß natürlich jedes Kind, was damit gemeint ist. Bonbons werden in den Spessartdörfern dagegen traditionell als „Züggerli“ bezeichnet, was von Zucker kommt und somit etwas Süßes erahnen lässt. In den Mainorten sind es dagegen „Laggerli“, was von lecker kommt und somit auch Sinn macht. Teilweise werden die beiden Begriffe aber von „Gudsli“ überlagert. Der Begriff kommt als „Gudsje“ ursprünglich aus dem Aschaffenburger Raum und meint, dass ähnlich wie der französische Begriff „Bonbons“ eigentlich nur, dass die Dinger „gut“ schmecken.

Schnake/Schtaunzer“

Die im Sommer so lästigen Stechmücken sind im Marktheidenfelder Raum die „Schnake“. Eine weitere Form ist die Bezeichnung „Schtaunzer“, die aber rückläufig ist.

Füro“

Früher war „füro mache“ für sich beeilen im ganzen Spessart üblich. In vielen Orten ist sie aber schon ganz vergessen.

riächt/schmoackt/schmackt“

Recht zerfasert sind die Bezeichnungen für den Geruchsinn. Während man die Blume in Marktheidenfeld „riecht“, „riächt“ sie beispielsweise in Windheim oder Rothenfels. In Schollbrunn, Esselbach und Oberndorf „schmoackt“ sie, wahrend Glasofen den Geruch „schmockt“. Der „Schmeckt“-Bereich schmilzt jedoch gegenüber dem Hochsprachlichen „riechen“ immer mehr zusammen.

nich/niäs/niks“

In den drei Dörfern Bischbrunn, Oberndorf und Esselbach wird „nichts“ zu „nich“, in den Grafschaftsdörfern heißt es „nich“. Im Maintal spricht man „ursprünglich niäs“, in Schollbrunn „niks“.

Wochentage

Unterschiedlich ist auch die Bezeichnung der Wochentage. Unsere Grunddörfer kennen beispielsweise „Sundi“, „Mandi“ und „Disdi“. Während die Mainorte „Sundoach“, „Mondoach“ und „Diänsdoach“ sprechen, hat Bischbrunn bei „Sundä“, „Mädä“ „Däsdä“ eine härtere und zugleich nasale Aussprache.

nechte/andenechte“

Wenn man „gestern“ einen getrunken hat, sagt man das in den Mainorten auch. Die Grunddörfler hingegen waren dann „nechte“ oder gar „andenechte“, also vorgestern, unterwegs.

Text: Ernst Dürr

Nach oben scrollen